Was Banken und Sparkassen Verwahrentgelte nennen, sind für ihre Kunden nichts anderes als Negativzinsen oder Strafzinsen. Nach einer Erhebung des Portals biallo.de verlangen inzwischen mehr als 550 Kreditinstitute solche Verwahrentgelte von ihren Privatkunden, bei Firmenkunden sind es sogar noch mehr (Stand 11.03.2022), und haben sich damit ein neues Geschäftsfeld erschlossen. Auffällig ist auch, dass häufig pauschal 0,5 % p.a. verlangt werden.
Ob diese Verwahrentgelte oder Negativzinsen rechtlich überhaupt zulässig sind, ist umstritten. Die Landgerichte Berlin und Düsseldorf haben entsprechende Klauseln schon als unzulässig eingestuft. Die betroffenen Verbraucher können die zu Unrecht erhobenen Entgelte zurückfordern.
In dem Verfahren vor dem Landgericht Köln hat die Sparkasse ihre Klausel zu Verwahrentgelten zurückgezogen (LG Köln, Urteil vom 21.12.21 - 21 O 328/21).
„Verbraucher, die von ihrer Bank oder Sparkasse mit Negativzinsen zur Kasse gebeten werden, können sich dagegen wehren. Mindestens bei Sparanlagen von Privatkunden dürften die entsprechenden Klauseln unzulässig sein“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Stuttgart. Ebenso sollten Kunden aufpassen, wenn sie von ihrem Kreditinstitut aufgefordert werden, nachträglich Klauseln zu Verwahrentgelten zu unterschreiben. „Die Verbraucher sollten sich hier nicht unter Druck setzen lassen und das Verfahren offenhalten - auch wenn mit Kündigung gedroht wird“, so der Fachanwalt.
Negativzinsen und Verwahrentgelte sind auch dem Bundesverband der Verbraucherzentralen ein Dorn im Auge. Der vzbv hat schon mehrere Kreditinstitute deswegen verklagt und erste Erfolge erzielt.
So hat das Landgericht Berlin entschieden, dass die Sparda-Bank Berlin keine Verwahrentgelte für Einlagen auf Giro- und Tagesgeldkonten berechnen darf (LG Berlin, Urteil vom 28.10.21 – 16 O 43/21). Die Bank hatte für Einlagen über 25.000 Euro auf Girokonten und bei über 50.000 Euro auf Tagesgeldkonten ein Verwahrentgelt von 0,5 Prozent im Jahr verlangt. Solche Negativzinsen seien unzulässig, entschied das LG Berlin. Die Verwahrung von Einlagen auf einem Girokonto sei keine Sonderleistung der Bank, für die sie ein gesondertes Entgelt verlangen dürfte, zumal ein Girokonto ohne das Verwahren von Geld nicht betrieben werden könnte. Außerdem sei für die Einlagenverwahrung laut Darlehensrecht die Bank als Darlehensnehmerin zur Zinszahlung verpflichtet. Der Zins könne zwar auf Null sinken, aber niemals ins Minus rutschen, führte das Gericht aus.
In einem weiteren Verfahren hatte die Verbraucherzentrale am Landgericht Düsseldorf Erfolg (LG Düsseldorf, Urteil vom 22.12.21 – 12 O 34/21). Diese Klage richtete sich gegen die Volksbank Rhein-Lippe, die für Neukunden ein Verwahrentgelt eingeführt hatte. Auch sie verlangte für Einlagen über 10.000 Euro ein Verwahrentgelt von 0,5 Prozent im Jahr. Das LG Düsseldorf sah darin eine unangemessene Benachteiligung der Kunden, die unzulässig sei.
Wie schon das LG Berlin stellte auch das Landgericht Düsseldorf fest, dass die Geldverwahrung Voraussetzung für das Betreiben eines Girokontos ist, und die Bank dafür kein gesondertes Entgelt verlangen könne. Außerdem berechne die Bank schon eine Kontoführungsgebühr bei Girokonten. Durch ein zusätzliches Verwahrentgelt würden die Kunden für die gleiche Leistung doppelt zur Kasse gebeten, stellte das LG Düsseldorf fest.
Auch wenn die Urteile bislang noch nicht rechtskräftig sind, wird die Richtung deutlich. Negativzinsen und Verwahrentgelte dürften bei Girokonten und Tagesgeldkonten von Privatkunden unzulässig sein. „Bereits gezahlte Negativzinsen/Verwahrentgelte können dann von den Kunden zurückgefordert werden“, so Rechtsanwalt Staudenmayer. Hierzu sollten Sie sich fachanwaltlichen Beistands versichern.
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